Mein Jakobsweg

Triacastela, den 2.5.2008 (noch 132 km)

Es ist erstaunlich, was andere Pilger, wildfremde Menschen, beim gemeinsamem Gehen von sich preisgeben. Søren arbeitet als Grafik-Designer bei der Stadt Kopenhagen, hat schon die halbe Welt bereist, weil seine Frau bei der Fluglinie SAS gearbeitet hat, er liebt die Musik und erzählt mit Begeisterung von Konzerten, hat ein Ferienhaus auf Bornholm.

Auf der Höhe wehte es gewaltig. Eine zweite Höhe war zu überwinden, San Roque. Der heiliges Rochus hat selbst die Pilgerreise nach Santago unternommen und wird deshalb in Galizien sehr verehrt. Auf der Passhöhe stemmte sich seine bronzene Figur gegen den Wind. Aber bald ging es wieder hinunter und wir erreichten bewohnte Gegenden.

San Roque

Wir kamen durch ein winziges, abgelegenes Dorf. Beim ersten Haus saß eine alte Frau im Hof und behielt die Straße im Auge. Wie wir es gewohnt waren, grüßten wir freundlich „Buenos días”. Keine Reaktion. Wie versteinert starrte sie geradeaus und zeigte nicht die geringste Regung. Zwei Häuser weiter ein alter Mann, dasselbe. So etwas waren wir nun gar nicht gewohnt. Überall sonst war man uns mit freundlicher Zuwendung begegnet, erwiderte eifrig unseren Gruß, wenn man uns nicht sogar mit einem „Buen camino” zuvorkam. Kommentar Søren: „Die gehören wohl zur selben Familie!” Es schien in diesem Dorf noch weitere Verwandte zu geben.

Wir fanden in Triacastela eine ganz neue Herberge. Noch waren die Betten mit üppigen Zwischenräumen gestellt, so dass Platz für Gepäck und Klamotten war. Sie war mit allem, was man sich wünschen kann, ausgestattet, Küche, Aufenthaltsraum, großzügige Duschen, Fernsehen, Internet, Telefon, Waschmaschine, Trockner.

Søren ging noch weiter, um im Kloster Samos zu übernachten. Wir aber hatten unser Tagesziel erreicht und blieben mit Andrea und Nicole in Triacastela. Das Wetter war endlich einmal herrlich. Ein Gang durch den winzigen Ort hielt uns nicht lange auf.

Bei solchem Wetter ist das Pilgern wie Urlaub: An einem milden Abend im Freien das Abendessen einzunehmen, im Restaurant Xacobeo, zu dem auch unsere Herberge gehörte, in Ruhe die spanische (galicische?) Lebensart zu betrachten – knatternde Motorräder, fußballspielende Kinder, wild parkende Limousinen, und wir dazwischen in der Gelassenheit eines guten Abendessens.

Und alles schien noch lange so weiterzugehen, als wir schon längst in der Herberge sein mussten. Vor allem die fußballspielenden Kinder hörten wir noch eine ganze Weile in der Gasse lärmen.

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