Mein Jakobsweg

Burgos, den 14.4.2008 (noch 488 km)

In der Nacht hat es gefroren und auch ein wenig geschneit. Wir mussten ohne Frühstück los, weil die Bäckerei am Ort geschlossen war. Also ging es nüchtern, bei Kälte und Sonnenschein, glücklicherweise ohne Wind über den Matagrande (1078 m). Beim Abstieg sieht man Burgos im Sonnenlicht liegen. In Orbaneja konnten wir endlich einen café con leche und ein Gebäckteil bekommen. Alle wollten das. Die Bar war voll, die junge Wirtin konnte das, allein wie sie war, kaum bewältigen.

Ab Villafria ging es durch die Industrievororte von Burgos. Der Alternativweg längs des Flusses war infolge der Flugplatzerweiterung nicht mehr zu finden. Wir hätten noch ein, zwei Stunden durch die öde Gegend laufen müssen, aber wir nahmen den Bus Linie 8 und bewältigten so diese miese Strecke. In Burgos gibt es eine kleine Pilgerherberge mit 18 Betten mitten in der Stadt über der Kapelle „Santiago y Sta. Catalina”. Viele Spätergekommene wurden abgewiesen.

Burgos

Die Kathedrale war uns eine ausführliche Besichtigung wert. Ein Wunderwerk an Größe und Komplexität, bis über die Grenzen des Erträglichen hinaus verziert und ausgeschmückt. Und trotz ihrer immensen Größe war kein Raumeindruck zu gewinnen, denn in der Mitte versperrte ein großer, steinerner Kasten für das Domkapitel die Sicht.

Man mag immerwährendem Glaubenseifer zurechnen, dass sich viele Jahrhunderte an dem Bauwerk abgemüht haben. Entstanden ist eine Mischung aus Romanik und Gotik, mit reichen barocken Ausschmückungen im Innern und einem Kranz aus Seitenkapellen, deren Stil bis in die frühe Neuzeit reicht. Eine entmutigende Fülle.

Burgos demonstriert mit dicken Mauern und reichen Häusern in Jahrhunderten erworbene und wieder verlorene Macht. Lange Zeit Hauptstadt des vereinten Königreiches Kastilien und Leon, später zeitweilig Sitz der Regierung Francos, verehrt es noch immer den Grafen El Cid, der, obwohl ein rechter Egoist und obwohl er aus Opportunismus mehrfach die Seiten wechselte, heute als Befreier von der arabischen Besetzung Spaniens gefeiert wird. Sein Denkmal steht an hervorragender Stelle mitten im Stadtzentrum.

El Cid

In einer Seitenkapelle der Kathedrale ist die Truhe des Cid ausgestellt. Er soll sie, angeblich voller Preziosen, um seinen Feldzug zu finanzieren jüdischen Kaufleuten als Pfand überlassen haben mit der strikten Auflage, sie auf keinen Fall vor seiner Rückkehr zu öffnen. Sie vertrauten ihm – wahrscheinlich hatten sie keine andere Wahl.

Das Abendessen nahmen wir auf Empfehlung des hostalero im Restaurant „Morito” ein. Die in Burgos als Spezialität gepriesene morcilla erwies sich als eine Art Wurstebrot und überraschte insofern nicht. Zum Abschluss genehmigten wir uns ein Guinness in einem Irish Pub.

Allmählich stellt sich so etwas wie Gewöhnung ein. Die Tagesetappen empfinde ich bei unveränderter Länge inzwischen als weniger kräftezehrend. Man entwickelt auch so etwas wie Pilgerroutine. Sieben Uhr Aufstehen, acht Uhr Abrücken, kurz vorher oder kurz nachher ein desayuno, ein spanisches Frühstück, bestehend aus einem café con leche und einem cruasán oder Croissant, drei Stunden Laufen, eine längere Mittagspause, meist mit ein, zwei Bananen oder etwas Gebäck, noch zwei Stunden Laufen, Ankunft, ein bisschen Ausruhen, Duschen, Wäschewaschen, ein Gang in die Stadt, ein menú del día oder menú de peregrino, ein, zwei Bier, um zehn Uhr ab in die Falle. Und am nächsten Morgen wieder von vorn.

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