Mein Jakobsweg

Astorga, den 26.4.2008 (noch 259 km)

Nach einer erholsamen Nacht und einem Frühstück in der Herberge ging es ein wenig auf und ab durch die vertraute Landschaft der Meseta. Zwischen den Getreidefeldern tauchten vereinzelte Weingärten und junge Kiefernwälder auf. Und unvermutet lag Astorga vor uns im Tal, wir mochten kaum glauben, dass das Tagesziel schon so nahe war. Aber wir hatten heute auch nur elf Kilometer zurückzulegen.

Astorga ist eine traditionsreiche Stadt. Wir haben uns einen halben Tag freigenommen, um sie ein wenig zu genießen. Sie liegt auf einer kleinen Anhöhe und wurde durch hohe Stadtmauern zusätzlich befestigt, so dass sie einen uneinnehmbaren Eindruck macht. Ihre Geschichte geht bis in die Römerzeit und noch weiter zurück. Thermen und eine bei Ausgrabungen entdeckte Villa mit einem gut erhaltenen Mosaik zeugen von dieser Vergangenheit.

Astorga Mosaik

Die Kathedrale ist reich geschmückt, das Portal ist das großartigste, das wir bislang gesehen haben. Die vielen Altäre sind bis zur Verspieltheit dekoriert, aber es ist eine ernste und pathetische Verspieltheit, der die Lebensfreude des süddeutschen Rokoko mit seiner farbenfrohen Helligkeit völlig abgeht. Der Gaudi-Palast mit seinen eigenwilligen Linien fordert zum Betrachten heraus. Man fragt sich, hat Walt Disney bei Gaudi oder Gaudi bei Disney abgekupfert.

Astorga Palast

Astorga ist berühmt für seine mantecadas, ein Buttergebäck. Überall in der Stadt wird es angeboten. Und hinter Astorga beginnt das Gebiet Maragate, früher vor allem Heimat von Fuhrleuten, heute eine Gegend, in der viel altes Brauchtum gespflegt wird.

Am Abend auf der plaza ertönte plötzlich rhythmisches Klappern. Eine Gruppe in maragatischer Tracht zog auf, die Männer in schwarzen Pluderhosen und engen Westen, die Frauen in schwarzen Kleidern mit Schulter- und Kopftüchern. Ein Trommler gab den Takt an und blies gleichzeitig in eine kleine, schrille Flöte. Die ganze Gruppe folgte ihm mit Kastagnettenklappern und Füßestampfen. Sie formten eine Gasse, und hindurch schritten einige Honoratioren gemessen ins Rathaus.

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