Händel, Judas Maccabäus
Mitwirkende
Patricia Stiles, Alt
Rainer Röhr, Tenor
Thomas Jesatko, Bass
Meller Madrigalchor
Gesamtleitung: Heinz Klaus
Einführung
Alexander der Große hatte ein Weltreich erobert, das sofort nach seinem Tode in rivalisierende Teilreiche zerfiel. Zwischen den Ptolemäern in Ägypten und den Seleukiden in Syrien entbrannte ein Streit um die Macht im Vorderen Orient, der sich in vielfachen Eroberungszügen und wechselnden Herrschaften niederschlug. Gleichzeitig breitete sich griechische Kultur und Denkart auch in Judäa aus und bedrohte in den Augen thorahtreuer Fundamentalisten das jüdische Volk, zumal obendrein König Antiochus IV. von Syrien durch Konfiskation des Tempelschatzes und brutale Hellenisierung verzweifelte Emotionen weckte.
Die Verzweiflung trieb den Priester Mattathias aus der Familie der Hasmonäer und seine fünf Söhne zur Bildung einer Freischärlertruppe. Nach seinem Tode gelang es seinem Sohn Judas, der den Beinamen „Maccabäus”, der Hammer, erhielt, die aufständischen Kräfte zu bündeln und zu militärischen Erfolgen zu führen. Seine Stärke war der Überraschungsangriff, wobei in dem unübersichtlichen Gelände die Kriegskunst der syrischen Söldner nur begrenzt zur Wirkung kommen konnte. Schließlich eroberte Judas im Jahre 164 v.Chr. auch Jerusalem und konnte den Tempel wieder seiner Bestimmung übergeben, ein Ereignis, das im Judentum noch heute mit dem Hanukkah-Fest gefeiert wird.
Die Geschichte blieb nicht stehen. Der Seleukidenkönig Demetrios I. entsandte seinen Feldherrn Bakchides mit einem starken Heer. Bei Laissa verlor Judas Maccabäus Schlacht und Leben; sein Bruder Jonathan setzte den Aufstand fort.
In England war 1714 nach den Stuarts das Haus Hannover auf den Thron gelangt, gegen den heftigen Widerstand der Adelspartei der Tories und ihres Anführers, Lord Bolingbrokes. Georg II. (1727 - 1760), ein menschliches Ekel und politischer Ignorant, der nicht einmal die Landessprache beherrschte, überließ die Regierungsgeschäfte dem Parlament und damit der Adelspartei der Whigs, sehr zum Segen Englands, das unter den Staatsmännern Stanhope und Walpole eine lange Friedenszeit erlebte.
Doch der Frieden war trügerisch, er überdeckte nur die Rivalität zwischen Frankreich und England in Europa und in den Kolonien. Wirtschaftliche Konkurrenz und konfessionelle Engstirnigkeit entluden sich, als die Franzosen, halbherzig zwar, aber pompös, den katholischen Stuart-Prätendenten, Sonnyboy und Hazardeur Charles Edward, „Bonnie Prince Charly”, bei dem Versuch unterstützten, England zurückgewinnen.
Zwar hatte er anfangs einigen Erfolg, konnte auch sechs Wochen lang bei Edingburgh auf dem Königssitz seiner schottischen Ahnen Hof halten und mit der Belagerung Londons drohen. Aber William von Cumberland, der jüngere Sohn Georgs II. stellte nach dem Sieg bei Culloden (1746) die staatliche Einheit wieder her und bestrafte die Rebellen mit erbarmungsloser Grausamkeit, was ihm den Beinamen „blutiger Schlächter” einbrachte.
In den Augen vieler Engländer galt er als Retter – des Landes, des Protestantismus, der Freiheit und des Könighauses Hannover. Mit dem Oratorium „Judas Maccabäus” wurde der Sieger in einer großen Feier in London geehrt.
Die Handlung setzt ein nach dem Tode des Anführers Mattathias. Verstört beklagen die Israeliten den Verlust. Aber allmählich weicht die Trauerstimmung den Gedanken an die Zukunft. Ein neuer Anführer muss her. Der Hohepriester Simon tritt vor und verkündet Gottes Willen, Judas zum neuen Anführer zu machen. Nun kommt Freude auf, aber Judas erinnert an den Ernst der Lage. Mit einem Ausbruch von Opfermut endet der erste Teil.
Zu Beginn des zweiten ist die Schlacht geschlagen, der Sieg errungen. Eine langwährende Siegesfeier wird von einem Boten mit unheilvoller Nachricht unterbrochen: feindliche Kriegsscharen sind im Anmarsch. In der jetzt gedrückten Stimmung erhebt Simon seine aufrüttelnde Stimme und erinnert an Gottes Wundertaten, die Israel auch diesesmal erretten würden.
Der dritte Teil feiert wiederum einen großen Sieg Israels. Das Volk singt „Seht er kömmt”, ein Lied, das mit dem Text „Tochter Zion, freue dich” zu einem bekannten Weihnachtslied wurde. Es wurde übrigens erst ein Jahr nach der Uraufführung in das Oratorium aufgenommen. Vielerlei Gesänge preisen den endlich eingekehrten Frieden. Mit einem festlichen „Halleluja” endet das Werk.
Schon der Verfasser des englischen Originaltextes, der Geistliche Thomas Morell, hat mit seinem Machwerk wenig Ehre eingelegt. Eine plumpe Handlungsstruktur und teils platte, teils martialische Sprüche sind für den heutigen Zuhörer eher störend als hilfreich. Die holprige Übersetzung tut ein Übriges.
Der Text wird ein wenig erträglicher, wenn man ihn aus seiner Epoche heraus betrachtet und wenn man den zeitweiligen Triumph des erwählten Volkes als ein Sinnbild für den ewigen Triumph der himmlischen Heerscharen nimmt. Dass aber dieses Werk die Zeiten überdauerte und auch heute noch frisch und lebendig wirkt, ist allein das Verdienst von Händels mitreißender Musik, „die selbst blutarme, kraftlose Verse in die Unsterblichkeit hebt.” (K. Pahlen).