Mein Jakobsweg

El Burgo Ranero, den 21.4.2008 (noch 348 km)

Im Kloster der Benediktinerinnen wurden wir mit einem guten Frühstück verabschiedet. Ohne eine ordentliche Tasse café con leche läuft der Motor morgens schlecht an. Vor der Abreise sollte ich unbedingt noch etwas in das Gästebuch eintragen. Also:

Auf süßen Lagerstätten
das müde Haupt zu betten,
gibt nach des Tages Mühen
die Kraft zum Weiterziehen

Kein Regen heute, nur Wind. Schnurgerade und bretteben zog sich der camino parallel zu einer alten Landstraße hin. Als etwas schwierig erwies es sich, bei Calzada del Coto den rechten – in diesem Fall den linken – Weg zu finden. Dort teilt sich nämlich der Jakobsweg in den nördlichen camino romano, noch einsamer und dazu schlecht ausgezeichnet, und den südlichen camino real, den königlichen Weg, für den wir uns entschieden hatten. Aber durch die neue Autobahn waren die Beschreibungen überholt und die Markierungen undeutlich. Einen Kilometer mussten wir vom Ort zurückgehen, dann passte es.

Hinter Bercianos del Real Camino legten wir eine Rast ein, der heftige Gegenwind kostete ziemlich viel Kraft. Ziel für heute: El Burgo Ranero. In der Herberge Dominico Laffi quartierten wir uns ein. Dieser italienische Priester hatte im siebzehnten Jahrhundert beobachtet, wie hier ein Pilger von einem Wolf angefallen wurde, und deshalb diesen Ort in seinen Erinnerungen erwähnt.

Heute gibt es als wilde Tiere nur noch Frösche, die wir bei unserer Ankunft in der am Ortsrand gelegenen laguna quaken hörten. El Burgo Ranero soll nach ihnen (rana = der Frosch) benannt sein.

Laguna

Hier erlebten wir es zum ersten Mal, dass das heiße Wasser zum Duschen nicht für alle ausreichte. Das soll uns eine Lehre sein!

In El Burgo Ranero trafen wir einen italienischen Dauerpilger. Er erzählte uns von seinen verschiedenen Pilgerschaften. Im Winter war er von Mailand nach Lourdes und wieder zurück gelaufen. Lourdes feiert in diesem Jahr das einhundertfünfzigjährige Jubiläum der Erscheinung der Jungfrau Maria. Danach machte er sich auf den Weg nach Santiago. Hinterher wollte er weiterlaufen nach Fatima. Und alles ohne einen Pfennig Geld. Er schlief in kirchlichen oder öffentlichen Herbergen, denn die ließen ihn auch ohne Bezahlung übernachten. Wenn er jemanden fand, der die Zutaten kaufte, erbot er sich, das Essen zu kochen.

Er war auch schon über Süditalien und Griechenland bis nach Tel Aviv gekommen, weil ein Amerikaner ihm zweihundert Dollar für den Flug gegeben hatte. Dort hatte ihn die israelische Polizei erst einmal festgesetzt. Dass jemand am sechsten Dezember ohne Geld in Tel Aviv landet, um Weihnachten in Bethlehem zu verbringen, erschien ihr wohl nicht plausibel.

Nach einem guten Abendessen in einem von den beiden Restaurants am Orte hatten wir Gelegenheit, noch ein wenig mit einer der hostaleras zusammenzusitzen, einer Krankenschwester aus Heidelberg, die den Oldenburger Zungenschlag ihrer Kindheit nicht verleugnen konnte. Sie opferte drei Wochen ihres Urlaubs, um ehrenamtlich als hostalera zu arbeiten. In den wenigen freien Minuten strickte sie Socken für ihren Bruder. Uns erzählte sie ein wenig von ihrer eigenen Pilgerreise nach Santiago und von ihrer letztjährigen Arbeit in der riesigen Herberge von Ponferrada.

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