Mein Jakobsweg

Santiago, den 10.5.2008

Wir mussten wieder hinunter in die Stadt. Bei der Kathedrale trafen wir viele, die wir schon unterwegs gesehen hatten. Um elf belegten wir unsere Plätze. Die Kathedrale füllte sich. Auch während des Gottesdienstes war ein ununterbrochenes Kommen und Gehen. Das bevorstehende Pfingstfest hatte viele für einen kurzen Besuch nach Santiago verschlagen.

Spanische Trompeten

Eine Nonne übte mit heller Stimme einige liturgische Gesänge ein. Dann las sie die gestern angekommenen Pilger vor, sortiert nach Startort und Nationalität. „Desde Pamplona: seis alemanes.” (Von Pamplona aus: sechs Deutsche.) Da fühlten wir uns eingeschlossen.

Während der ganzen Zeit riss der Strom derjenigen nicht ab, die hinter dem Altar zur Büste des Jakobus emporstiegen und sie, wie es die Tradition verlangt, von hinten umarmten. Wir konnten diese Menschen vom Kirchenraum aus nur ahnen. Aber immer wieder erschienen auf den Schultern der Figur zwei Hände, verharrten dort einen Moment und zogen sich dann schüchtern zurück.

Unentwegt Blitzlichter. Der Erzbischof selber hielt die Messe. Größeren Respekt rief das nicht hervor. Selbst während der Wandlung und Austeilung wurde geblitzt und gefilmt. Den Vogel schoss ein Tourist ab, der, die Oblate im Mund, kauend auf eine Bank stieg, um mit besserem Ausblick weiter zu filmen.

Am Ende der Messe der Höhepunkt, das Schwenken des botufumeiro. Unglaublich, wie dieser schwere Weihrauchkessel mit Schwung durch das Querschiff pendelte und fast die Decke berührte.

Botufumeiro

Den Rest des Tages schlenderten wir durch die Stadt. Wir informierten uns am Busbahnhof über die Busse nach Fisterra und zum Flughafen. Wir gingen zur Herberge zurück und buchten die dritte Nacht. Mit der Linie 6 fuhren wir wieder ins Stadtzentrum.

Ein kleiner Jahrmarkt mit einem großen Riesenrad zog uns an. Noch einmal um die „Praza do Obradoiro” vor der Kathedrale. Praza ist gallego für plaza und obradoiro ist eine Werkstatt. Welche Werkstatt sich dort befunden haben soll, wurde nicht mitgeteilt. Vielleicht die Bauhütte?

Santiago mit den Augen eines Touristen betrachtet ist nicht so viel anders als andere Anziehungspunkte. Es gibt viele alte oder in altem Stil errichtete Gebäude, sie sind hier durch den verwendeten Granit einheitlicher als anderswo, die meisten sind auch im Alter näher beieinander. Ein altes, riesiges Klostergebäude erinnert mit dicken Mauern und vergitterten Fenstern eher an ein Gefängnis als an eine Stätte tätiger Frömmigkeit.

Enge Altstadtgassen, in denen Lokale und Andenkenläden sich endlos abwechseln, verbinden die Kathedrale mit dem Rest der Welt. Und doch, etwas ist anders. Immer wieder sieht man Pilger, die ihren Rucksack und sich selbst zu irgendeiner Herberge schleppen.

Unsere Herberge am Stadtrand war weniger überlaufen als die zentraler gelegenen Unterkünfte. Und außerdem war sie gar nicht so leicht zu finden an einem Nebenweg hinter dem pädagogischen Museum. Eckard und Els aus Süddeutschland, er Deutscher, sie Holländerin, leisteten uns beim Essen Gesellschaft. Und wieder zeigte sich, dass Pilgern verbindet.

Sie wollten noch weiterlaufen bis Fisterra. Aber als sie bei der ersten Herberge am Weg wegen Überfüllung abgewiesen wurden, gaben sie dieses Vorhaben auf und nahmen den Bus.

≡ Navigation
 
↑ Seitenanfang