Mein Jakobsweg

Estella, den 6.4.2008 (noch 661 km)

Die Herberge von Obanos war wirklich gut, gepflegt, ruhig, freundlich. Sie lag mitten im Ort. In einer Bar, wo, wie überall, wenig beachtet, aber laut ein Breitwand-Plasmafernseher lief, wurden wir vom Wirt in ein kompliziertes Gespräch verwickelt. Kompliziert war es deshalb, weil er, der Deutschland liebte und uns als Deutsche erkannte, der auch eine Zeit lang dort gearbeitet hatte, trotzdem des Deutschen nur sehr eingeschränkt mächtig war, so dass das Gespräch über einen anderen Gast laufen musste, der wenigstens ein bisschen Englisch verstand.

Ich bin heute in meinen leichten Schuhen gegangen, aber das war wirklich nicht das Wahre. Auf Obanos folgte Puenta la Reina, die Königin-Brücke. Sie soll auf Wunsch einer Königin im elften Jahrhundert für die Pilger errichtet worden sein und ist sicher die meistfotografierte Brücke auf dem ganzen Pilgerweg.

Puenta la Reina

Hinter Puenta la Reina ging es auf lehmigem Hang steil bergauf, bei Regenwetter sicher eine besondere Herausforderung. Heute war es trocken, und es ging. Am Fuße des Hanges bei einem Rinnsal legten wir zur Stärkung eine kleine Pause ein. Wir waren nicht allein. Aus dem Gras erhob sich ein Mann, der auf und unter Plastikplanen dort geschlafen hatte, auch er, wie wir später hörten, ein Pilger. Er rollte bedächtig seine Planen zusammen, packte seine Siebensachen, alles mit nur einem Arm, der linke schien verletzt oder verkümmert. Er ließ sich von uns beim Aufnehmen des Rucksacks helfen und trollte sich.

Weiter ging es auf und ab durch Mañeru, Cirauqui, Lorca, Villatuerta. Hinter Cirauqui erwartete uns eine alte Römerbrücke, von der aber nur noch ein einziger Bogen stand, der Rest war ergänzt.

Römerbrücke

Wir wollten eigentlich in Villatuerta bleiben, genauer in dem Nachbarort Alandigoyen, denn dort gab es einen wunderschön gelegenen hostal (= „Pension”). Leider hielt der ganze Ort siesta und der hostal ebenfalls. Die siesta scheint den Spaniern heilig, selbst um diese Jahreszeit, wo von Mittagshitze keine Rede sein kann. Von eins bis vier sind die Ortschaften wie tot, alle Geschäfte sind geschlossen, das Leben hält Dornröschenschlaf.

Siesta

Die Sonne schien. Wir setzten uns eine halbe Stunde Wartezeit, und als die verstrichen war, zogen wir weiter nach Estella. Am Ortseingang lag eine große albergue. Sie fiel gegen die vorigen beiden sicherlich ab. Was soll’s!

Nach Einchecken, Duschen, Wäschewaschen war noch Zeit für einen Gang in die Stadt. Der Mensch muss essen. An der plaza mayor fanden wir ein Sportgeschäft. Dort gab es Wanderschuhe, da muss ich morgen hin. Zum Essen fanden wir nur eine ziemlich heruntergekommene Bar. Die paella marisca erwies sich als ölige Angelegenheit mit winzigen Spuren von Meeresgetier.

≡ Navigation
 
↑ Seitenanfang